Jugend wird Deutscher Vizemeister
Zu Beginn des neuen Jahrtausends hatte die Tischtennisabteilung des 1. FC Köln gerade ein neues Zeitalter eingeläutet und spielte mit der ersten Herrenmannschaft in der Oberliga, der seinerzeit vierthöchsten Spielklasse in Deutschland. Doch der Nachwuchs stagnierte etwas. Erst allmählich konnte an Erfolge, die Ende der 90er Jahre erzielt worden waren wieder angeknüpft werden. So qualifizierte sich 2002 eine Schülermannschaft für die Westdeutschen Mannschaftsmeisterschaften, schied jedoch im Halbfinale aufgrund des um einen Satz schlechteren Vergleiches aus.
Im Viertelfinale des Mannschaftswettbewerbes ging es auf WTTV-Ebene weiter gegen den Lokalrivalen TTC Rot-Gold Porz, der eine starke Saison gespielt hatte. Jugendwart Jörn Schneider mobilisierte daher eine eindrucksvolle Kulisse, die den Vorzeigenachwuchs in der liebevoll „Anfield Road“ getauften Heimarena am Manderscheider Platz lautstark unterstützen sollte. Das Vorhaben gelang eindrucksvoll und der rechtsrheinische Nachbar wurde in einem denkwürdigen Spiel mit 8:0 besiegt. Damit waren die jungen Geißböcke für das Turnier der besten vier Mannschaften in Westdeutschland qualifiziert: Am 6. Juni 2004 trafen sie in Ense-Bremen zunächst auf die TTF Bönen, die sie knapp mit 8:6 besiegen konnten, um anschließend das Resultat gegen den TTV DJK Altenessen zu wiederholen und Westdeutscher Meister zu werden. Zwei Wochen später konnte die Mannschaft auch den Westdeutschen Pokal in die Domstadt holen.
Der Höhepunkt der Saison erwartete den Nachwuchs aber beim Aufeinandertreffen der besten acht Jugendmannschaften Deutschlands am letzten Juni-Wochenende. Im hessischen Alsfeld vertraten die Schützlinge von Jörn Schneider und Andy Nau die Farben des 1. FC Kölns und des Westdeutschen Tischtennisverbandes. Auf Philipp Gärtner, Marcus Steinfeld, Felix Deschamps, Moritz Schwiede, sowie die Ergänzungsspieler Stefan Korbmacher und Lukas Henke warteten die Besten aus dem Norden, Süden und Osten der Republik. In der Vorrunde setzte sich das Team als Gruppensieger gegen Herrlingen (6:3), Delkenheim (6:2) und Herta BSC Berlin (5:5) durch, um im Halbfinale ein weiteres Mal auf Altenessen zu treffen. Der Spielmodus (2 Doppel und 2 Einzel pro Spieler, bis zum 6. Punkt) kam jedoch dem Club vom Rhein mehr entgegen, so dass ein 6:3-Erfolg den Einzug ins Finale bedeutete. Hier war der TTC Reutlingen schließlich knapper Sieger. Beim 4:6 fehlte lediglich ein einziger Ball, um den Deutschen Meistertitel zu gewinnen: Marcus Steinfeld hätte den Geißböcken mit einem verwandelten Matchball den 5. Punkt beschert und sie nach Sätzen uneinholbar in Führung gebracht. So blieben am Ende "nur" die Vizemeisterschaft und die Erinnerung an ein tolles Erlebnis, das unvergessen bleiben wird.
Gärtner, Steinfeld und Deschamps erreichten darüber hinaus auch in den Westdeutschen Einzelwettbewerben große Erfolge; Steinfeld schaffte es bei der Bundesrangliste sogar unter die Besten 16 des Deutschen Tischtennis Bundes. Dass die drei in der darauf folgenden Saison in den Herrenspielbetrieb wechseln würden, war somit nur logisch. Während Steinfeld und Deschamps in der dritten Vertretung in der Landesliga aufschlugen, wurde Gärtner sofort in der Verbandsliga im mittleren Paarkreuz eingesetzt. Der Jugendabteilung verlangte dieser Schritt einen deutlichen Umbruch ab. 2005 muss die erste Mannschaft sogar aus der Verbandsliga zurückgezogen werden und schaffte erst 2012 den Wiederaufstieg ins jugendliche Oberhaus. Gärtner und Steinfeld gelang später im Herrenbereich sogar der Sprung in die 2. Bundesliga Nord, Deschamps schaffte es immerhin bis in die Oberliga.
Etablierung in der Oberliga
In selbiger Oberliga behauptete sich die Tischtennisabteilung seit der Saison 2000/2001 zunächst nur mit externer Hilfe: Alexei Sorokine, ein in Stettin lebender russischer Tischtennis-Weltenbummler war der erste Auslandsprofi, den Abteilungsleiter Helmut Vollbach verpflichtete. Der Russe vertrat die FC-Farben gemeinsam mit Markus Boczkowski, Kai Steinbach, Thilo Schmitz, Daniel Schulz und Michael Berendes und sollte dafür sorgen, dass es nicht beim ersten Jahr der Oberligazugehörigkeit blieb. Dass die Mannschaft von der Verstärkung profitierte wurde gleich zu Saisonbeginn deutlich, als man Mitaufsteiger Dürwiß mit 9:0 besiegen konnte. Ansonsten war jedoch schnell allen Beteiligten klar, dass das Unternehmen „Oberliga beim FC“ kein Selbstläufer werden würde. Lange Zeit stand die Mannschaft mit einem knapp negativen Punktekonto in der Tabelle dar, konnte sich aber letzten Endes halten. Ein toller Erfolg, der damals das 50jährige Bestehen der Abteilung abrundete.
Die Saison 2001/02 brachte Regelerneuerungen: Nachdem 2001 der Ball von 38mm auf einen Durchmesser von 40mm vergrößert worden war, wurden nun die Sätze von 21 auf 11 Punkte verkürzt. Statt zwei Gewinnsätzen müssen nun drei Sätze gewonnen werden, um das Spiel für sich zu entscheiden. Aufschlagwechsel ist bereits nach zwei Punkten und in der Verlängerung nach jedem gespielten Ballwechsel. Die Zuschauer sollten nicht mehr so lange warten müssen, bis das Spiel beziehungsweise jeder Satz in die entscheidende Phase eintrat. Davon versprach sich der Internationale Tischtennisverband (ITTF) bessere Vermarktungsmöglichkeiten. 2002 wurde dann die nächste Änderung bekannt: Der Aufschlag darf fortan nicht mehr verdeckt werden, was bisher, zumindest bis zu dem Moment in dem der Ball getroffen wurde, erlaubt war.
Der FC ließ sich von allen diesen Veränderungen rund um das Spielgerät und das Regelwerk nicht sonderlich beeindrucken. In der Oberligamannschaft setzte ein kontinuierlicher Verjüngungsprozess ein, der immer mehr Eigengewächse in das Team hievte. Marius Becker und Lars Bauer sind ein Paradebeispiel dafür: Anfang des Jahrtausends waren sie nach der Jugendzeit gemeinsam in die Bezirksliga eingestiegen, wo sie sich aber so gut präsentierten, dass sie bereits ein Jahr später in der Landesliga aufschlugen. In der Saison 2001/02 gelang ihnen hier gemeinsam weiteren Nachwuchsspielern (Daniel Held und Andreas Nau) an der Seite von erfahrenen FClern (Thomas Mertens, Rüdiger Funk) der ungeschlagene Durchmarsch in die Verbandsliga. Diese Klasse nutzten sie auch nur als Durchgangsstation, um etwa zwei Jahre später in der Oberliga aufzuschlagen. Später schafften auch weitere Eigengewächse den Sprung in die damals vierthöchste Spielklasse im DTTB: Philip Gärtner, Christian Wipper und Andreas Nau. Andere Nachwuchsspieler wie Daniel Stein, Marcus Steinfeld oder Felix Deschamps, die man in dieser Aufzählung vermissen darf, wechselten kurz vor dem Sprung in die Oberliga den Verein. Steinfeld konnte nach einjährigem Engagement in der Verbandsliga einem Angebot, in Porz in der Regionalliga aufzuschlagen, nicht widerstehen, kehrte jedoch später in seinen Heimatverein zurück.
Den Aufstiegen von erster und zweiter Vertretung in die Ober- beziehungsweise Verbandsliga folgten, bedingt vor allem durch das Zurücktreten vieler spielstarker etablierter Kräfte in tiefere Mannschaften, viele Aufstiege in allen tieferen Klassen. Mittlerweile war mit Denis Mortazavi auch der Sohn des stellvertretenden Abteilungsleiters Bagher Mortazavi vom Pulheimer SC nach Sülz gewechselt. Als in der Saison 2007/08 mit Christian Wipper ein Nachwuchsspieler aus den eigenen Reihen nach mehrjährigen Engagements in anderen Vereinen den Weg zurück zum FC fand gelang ein weiterer Meilenstein: Zum ersten Mal in der Geschichte des 1. FC Köln stieg man in die Regionalliga auf, die dritthöchste Spielklasse im Bundesgebiet. Beteiligt an diesem Aufstieg waren mit Philipp Gärtner und Marius Becker zwei Spieler aus der eigenen Talentschmiede. Gleichzeitig gelang der zweiten Vertretung der Sprung in die Oberliga. Die dritte und vierte Mannschaft traten 2008/09 gemeinsam in der Verbandsliga an – eine solche Dichte an spielstarken Teams hatte es bis dato beim FC nicht gegeben.
Angriff auf die Spitzenposition in Köln
Einzig der TTC Rot Gold Porz, seit Jahren Kölns dominierender Verein, machte den Geißböcken die Spitzenposition in der Millionenstadt noch streitig. Jener Verein in dem auch Marcus Steinfeld spielte. Allerdings waren die Porzer quasi „Regionalliga-Urgestein“ und nicht die Mannschaft, gegen die unbedingt Punkte im Kampf gegen den Abstieg geholt werden mussten. Im ersten Jahr lautete die Devise: „Bloß nicht gleich wieder absteigen.“ Damit dies gelingen konnte, vertraute die Abteilungsführung auf die Expertise erfahrener Tischtennisspieler aus der weiteren Umgebung und verpflichtete mit Jens Lang einen zweitligaerprobten Spieler. Lang hatte gute Kontakte zu jungen aufstrebenden Talenten auf dem europäischen Markt. Auf seine Vermittlung hin fand Daniel James Reed, Jungnationalspieler aus Großbritannien, den Weg nach Köln. Reed fand mit seinem beherzten Angriffsspiel schnell den Weg in die Herzen des Kölner Publikums, das größtenteils aus den zahlreichen Abteilungsmitgliedern bestand. Dahinter durften sie mit Christian Wipper, Marius Becker und Philip Gärtner gleich drei FC-Eigengewächse und mit Denis Mortazavi einen „gefühlten“ Kölner anfeuern. Die Spiele am Sonntagnachmittag waren das Highlight der Woche und die kleine Halle am Manderscheider Platz bescherte dem Team im Regionalliga-Zuschauerranking den Spitzenplatz.
Zu schaffen machte den Spielern zunächst weniger die neue Situation in der höhren Spielklasse als eine weitere Regeländerung: Seit der Saison 2008/09 war das allseits beliebte Frischkleben verboten. Der Todesfall eines japanischen Nachwuchsspielers aufgrund flüchtiger Lösungsmittel, wie sie in Klebern enthalten waren, hatte zu dieser Notwendigkeit beigetragen. Insbesondere das Spiel aus der Halbdistanz verlangte den Spielern nun größeren Kraftaufwand ab. Doch auch ohne „Kleben“ wurde es eine spannende Saison, die erst am allerletzten Spieltag entschieden wurde. Der FC rettete sich mit einem 9:7-Erfolg am letzten Spieltag gerade noch einmal ins Ziel und sicherte sich ein weiteres Jahr die Zugehörigkeit zur besten Liga in Nordrhein-Westfalen. Als besonderes Highlight blieb allen das Stadtderby gegen Porz in Erinnerung, zu dem Marcus Steinfeld zurück an alte Wirkungsstätte kehrte. In einem packenden Spiel besiegte er seinen ehemaligen Doppelpartner Philip Gärtner und trug damit zum Sieg der Porzer in Sülz bei.
Umso erfreuter war die FC-Tischtennis-Gemeinschaft als Steinfeld in der darauf folgenden Saison als erster Neuzugang präsentiert wurde. Dem Heimkehrer im oberen Paarkreuz wurde ein junger Schwede namens Victor Brodd zur Seite gestellt. Brodd löste Daniel Reed ab, der in die zweite Bundesliga gewechselt war. Jens Lang spielte nun im mittleren Paarkreuz gemeinsam mit Philip Gärtner und hinten schlugen Denis Mortazavi und Christian Wipper auf. Brodd erwies sich als echter Glücksgriff und verlor in der Hinrunde nur eine handvoll Spiele. Das Team, das von Oliver Lohmar und Andreas Nau gecoacht wurde, zeigte schon im zweiten Regionalligajahr starke Leistungen und war nach der Hinrunde ungeschlagen. Einen weiteren sensationellen Neuzugang gab es für die Oberligareserve zu verzeichnen: Mit Jonas Pade war kurz vor Wechselfrist ein ehemaliger Zweitligaspieler zum Verein gestoßen, der gerade erst den Spaß am Tischtennis wieder gefunden hatte. In der Oberliga wurde er eine wichtige Stütze – und genau deshalb interessant für die Regionalligamannschaft.
In einer Mannschaftssitzung nach der Hinrunde wurde beschlossen, dass man versuchen wollte, den Aufstieg in die 2. Bundesliga zu realisieren und stellte Pade daher zur Rückrunde im mittleren Paarkreuz der ersten FC-Vertretung auf. Der Schachzug zahlte sich aus: Mit einem deutlichen 9:4 über den Mitkonkurrenten Schaephuysen im Januar, stellte die Mannschaft die Weichen für den Meistertitel. Völlig Problemlos ging der dann jedoch nicht von statten, da Spitzenspieler Viktor Brodd an den letzten beiden Spieltagen auf Grund des Vulkanausbruchs in Island nicht mit dem Flugzeug aus Schweden anreisen konnte. Somit gingen im Endspurt doch noch zwei Spiele verloren, unter anderem ausgerechnet gegen den TTC BW Brühl-Vochem, einem weiteren Rivalen aus der Region, der sich mit diesem überraschenden Erfolg in Sülz den Klassenerhalt sichern konnte. In diesem letzten Saisonspiel erlitt Philip Gärtner zu dem seine erste Rückrundenniederlage – gegen einen gebürtigen Brühler, Gianluca Walther.